Der Zirkelabend am 15. Mai 2019 zum Thema „Spannungsfeld Grundeigentum und Jagd“ mit unserem Vorsitzendenstellvertreter Zbr. FD i.R. D.I. Hubertus Fladl und unserem Schriftführer Zbr. em. RA Dr. Karl Mathias Weber war trotz des trockenen Themas und des feuchten Wetters gut besucht.
Die Referenten machten bewusst, dass die Verpflichtung zur Jagd für Eigenjagdbesitzer und der Zwang zur Duldung der Jagd durch Dritte für Eigentümer von Liegenschaften in Gemeinde- und Genossenschaftsjagdgebieten mit den Grundrechten auf persönliche Freiheit und der Unverletzlichkeit des Eigentums grundsätzlich unvereinbar ist und eine „unverhältnismäßige Eigentumsbeschränkungen“ des gemäß Art.1 1.ZPEMRK geschützten Eigentums darstellt. Dies ist durch Urteile des EUGH aus den Jahren 1999 und 2012 für alle Staaten der EU bindend festgestellt.
Österreich hat sich allerdings in der Alpenkonvention aus dem Jahr 2002 verpflichtet, zum Schutz des alpinen Bergwalds den Wildbestand durch „geeignete Maßnahmen“ – übrigens auch durch die Förderung der Einwanderung von Beutegreifern wie Bär, Luchs und Wolf – in jenen Grenzen zu halten, die eine natürliche Verjüngung standortgerechter Bergwälder ohne besondere Schutzmaßnahmen ermöglicht. Der Österreichische Verfassungsgerichtshof hat in zwei Erkenntnissen aus den Jahren 2016 und 2017 festgestellt, dass diese völkerrechtlich verbindliche Verpflichtung zum Schutz des Waldes nur durch die flächendeckende Bejagung des Schalenwilds garantiert ist, davon einzelne Grundstücke nicht ausgenommen werden können und hat Beschwerden von Grundeigentümern abgewiesen.
In diesen – übrigens juristisch perfekt ausgeführten – Beschwerden wird auch argumentiert, dass die Ausnahme der Jagd vom verfassungsrechtlich garantierten Tierschutz wegen weithin nicht weidgerechter Ausübung der Jagd nicht gerechtfertigt ist und dass – siehe Jagdunfälle – von Jägern wegen leichtfertiger Handhabung ihrer Waffen eine Gemeingefahr ausgehe. Der Schutz des Waldes sollte besser auf natürliche Weise Beutegreifern und wenn notwendig allenfalls Berufsjägern überlassen werden. Diese Einwände persönlicher, moralischer, rechtlicher und sicherheitsrechtlicher Natur hat der Verfassungsgerichtshof (noch) für nicht hinreichend befunden, die Jagd auf eigenem Grund durch (ungeeignete) Dritte untersagen zu dürfen.
Nur dieser höher zu bewertende Schutz des Österreichischen Waldes vor Wildschäden zum Wohl aller Menschen und zum Schutz der Natur rechtfertigt (jedoch wie lange noch?) die Eingriffe in die individuelle Freiheit des Eigentums durch die heute übliche Jagd.
Wir Jäger sollten daher, wenn wir die Jagd so wie bisher auf weitaus überwiegend fremdem Grund ausüben wollen, uns bewusst sein, dass wir nur so lange geduldet werden müssen, als wir durch die Ausübung der Jagd höheren Interessen dienen.
Das bedeutet, dass wir eine Allianz mit den Forstleuten suchen, mit ihnen eine Symbiose zum Schutz des Waldes bilden und deren Interessen verfolgen müssen. Wir sollten uns bewusst sein, dass wir Gäste auf fremdem Grund sind und uns mit Respekt vor dem hohen Gut Eigentum dort zu verhalten haben.
Und nicht zuletzt sollten wir durch ernst genommene und gelebte Weidgerechtigkeit und durch sicheren und verantwortungsvollen Umgang mit unseren tödlichen Jagdwaffen den Gegnern der Jagd nicht zusätzlich Argumente für die Verfassungswidrigkeit unsrer Jagd liefern.